SCORA net

Sollten Sie Interesse an Vorträgen, Projekttagen, Pädagogischen Tagen, Filmvorführungen mit anschließendem Gespräch, Lesungen, Musikevents, Workshoptagen für Schüler_innen oder auch Lehrkräften haben,
wenn Sie Beratung wünschen, wie Sie in Ihrer Schulentwicklung Impulse setzen können, wenden Sie sich bitte jederzeit an uns. 

Gerne nehmen wir Sie in unser regelmäßiges Rundschreiben auf,
sodass Sie alle aktuellen Angebote immer zeitnah erfahren.

Wir vermitteln Ihnen gerne Kontakte zu Menschen aus Israel, Baden-Württemberg bzw. Deutschland, aus den Bereichen Kunst, Kultur
(z. B. Theater, Tanz, Kino, Literatur, Bildende Künste usw.), Sport, Wissenschaft, Biografiearbeit, Antirassismustrainings, diskriminierungskritische Schule, Wirtschaft, offener Jugendarbeit, politisch-historischer Bildung, Gedenkstättenarbeit, Zeitzeugengesprächen usw, und besprechen auch gerne mit Ihnen, welches Angebot für Ihre Bedürfnisse das passende sein könnte.

Eindrücke aus unserem Netzwerk

Treffen der beiden Teams der Lehrkräfteausbildung
aus Israel und Baden-Württemberg

Es war eine Premiere: Erste Begegnung im Herbst 2025


Zum ersten Mal fand im Rahmen von SCORA vom 09. bis 16. November 2025 ein persönliches Treffen von zwei Dozenten-Teams aus Israel und Baden-Württemberg statt! 

Der erste Durchgang mit einer gemeinsamen Workshop-Woche war ursprünglich vom 22. bis 29. Juni 2025 in Stuttgart geplant. Erstmalig sollte diese Woche die beiden Teams auch face to face zusammenbringen. Aufgrund der Sicherheitslage in Israel war dem israelischen Team eine Ausreise jedoch nicht möglich. Bislang hatten Videobesprechungen dem Kennenlernen und inhaltlichen Austausch gedient. Doch Videobesprechungen können den persönlichen Austausch nicht ersetzen; auch die Ergebnisse der Zusammenarbeit sind nicht so zufriedenstellend wie eine Kooperation im persönlichen Miteinander. 

Wie konnte die Begegnung realisiert werden? Ermöglicht wurde dieses Treffen durch das Teacher Trainers‘ Programm, das als neues Programm des SCORA-Netzwerks gegen Antisemitismus und Rassismus Ende 2024 ins Leben gerufen wurde. SCORA führt dieses Programm in Kooperation mit dem ZSL durch und fördert es gemeinsam mit der Akademie für innovative Bildung und Management (aim) in Heilbronn. Angesiedelt ist die Initiative im Verein für nachhaltige Bildung und Schulentwicklung nbs e.V. Alle Projekte werden ehrenamtlich umgesetzt. Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulleitungen, Ausbidungslehrkräfte an den Seminaren, angehende Lehrkräfte sowie Dozentinnen und Dozenten an den Hochschulen.

Ankunft im herbstlichen Stuttgart

Das israelische Team reiste am Sonntag, dem 09. November, an einem historisch denkwürdigen Tag (Ausrufung Weimarer Republik, Pogrome gegen die Juden 1938, Mauerfall 1989), am Hauptbahnhof in Stuttgart an. Der erste Eindruck war bei den meisten, dass es etwas kalt und ungemütlich im Vergleich zu Israel sei, doch die Freude überwog: über den ersten Regen seit fast einem Jahr, schöne Herbstimpressionen mit Nebel und gefärbtem Laub!

Nach dem Check-in im internationalen Youth-Hostel oberhalb vom Eugensplatz in Stuttgart erwartete die Gruppe erst einmal ein kurzer Rundgang durch die Stadt, der über die Stuttgarter Stäffele hinunterführte in die Stadt, über die Musikhochschule, die Staatsgalerie, die Oper, das neue und alte Schloss, zum Holocaust-Denkmal und die Stauffenberg Erinnerungsstätte, und von da in den vierten Stock des Kunstmuseums, wo ein spätabendlicher Blick über Stuttgart großen Eindruck machte. Um 18 Uhr waren wir in der Stuttgarter Synagoge, wo der 9. November in würdiger Weise abgeschlossen wurde und Kultusministerin Theresa Schopper ein Grußwort hielt.

Das dichte Programm der Woche, das aus der beigefügten Übersicht deutlich wird, bestand aus einem klug austarierten Mix zwischen thematisch orientierten interessanten Inputs (Dr. Michael Blume, Beauftragter des Landes Baden-Württemberg gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, und Prof‘ Havva Engin, PH Heidelberg, Lehrstuhl für Erziehungswissenschaften und Leiterin des Heidelberger Zentrum für Migration und Transkulturelle Pädagogik) und Begegnungen und Erlebnissen mit historisch-religiöser und kultureller Relevanz.


Aus der Geschichte Stuttgarts

Eine Führung zur Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ konfrontierte uns mit der Verwicklung der Stadt Stuttgart mit den Deportationen jüdischer Mitbürger. Die Führung von Herrn Kashi, dem Vorstand der jüdischen Gemeinde in Stuttgart, und Frau Hornberger-Fehrlen, zur Erinnerungsstätte für die Deportation der württembergischen Juden auf dem Killesberg, war eine Auseinandersetzung mit der Historie, indem der Weg, den die deportierten Juden bis zum Nordbahnhof und den dort noch erhaltenen Gleisen gehen mussten, von der Gruppe nochmals gegangen wurde.

Die Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ am Nordbahnhof Stuttgart erinnert daran, dass von diesem Ort unter der Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes zwischen 1941 und 1944 mehr als 2600 Jüdinnen und Juden aus Stuttgart, Württemberg und Hohenzollern „in den Osten“, das heißt zu ihrer Ermordung, deportiert wurden. Es handelt sich um ein altes Güterbahngelände am „inneren Nordbahnhof“ zwischen Pragfriedhof und Nordbahnhofstraße, auf dem noch heute die ursprünglichen Schienen und Prellböcke zu sehen sind. Die fünf Gleise werden nun von einer 70 Meter langen Mauer begrenzt, auf der die Namen der über 2600 von der Stuttgarter Gestapodienststelle deportierten jüdischen Einwohner der Region Stuttgart sowie von Sinti aus ganz Südwestdeutschland zu lesen sind. Am Kopfende der Gleisanlage befindet sich eine weitere, überdachte Wand mit Informationstafeln über die rassistischen Verfolgungsmaßnahmen vor Ort.

Auseinandersetzung mit der Geschichte der NS-Verbrechen

Teil der historischen und juristischen Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus war auch der Besuch der Zentrale für die Verfolgung von nationalsozialistischen Verbrechen in Ludwigsburg. Seit mehr als 60 Jahren hat die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg den Auftrag, Vorermittlungen zu nationalsozialistischen Verbrechen zu führen. In den letzten Jahren konnten vermehrt Verfahren vor allem gegen Wachpersonal in Konzentrationslagern und zuletzt auch Kriegsgefangenenlagern an die Staatsanwaltschaften abgeben werden. Dabei geht es in der Regel um den Vorwurf, durch die Tätigkeit in einer bestimmten Funktion die systematischen Мorde unterstützt zu haben. Die aus den Abgaben folgenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften und Hauptverhandlungen vor Gericht zeigen, wie sich die Justiz trotz des langen Zeitraumes und trotz aller rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten bemühen kann, Mordverbrechen des NS-Regimes auch heute noch zu verfolgen.


Exkursion nach Esslingen

Eine religionsgeschichtliche Exkursion für die Gäste aus Israel, auch mit Bezug zum jüdischen Leben in einer mittelalterlichen Stadt, bot der Ausflug nach Esslingen am letzten Tag des Besuchs.


Wie geht es weiter?

Ziel der Begegnung ist neben dem Kennenlernen und dem unverzichtbaren Austausch die gemeinsame Arbeit an Modulen für die Ausbildung angehender Lehrkräfte. Konkret soll es also darum gehen, eine Broschüre mit Unterrichtsbeispielen für die Ausbilderinnen und Ausbilder an den Seminaren zu erarbeiten, die dann die Grundlage dazu bietet, dass der Unterricht an unseren Schulen gute Impulse enthält, um unsere Schülerinnen und Schüler gegen Rassismus und Antisemitismus zu wappnen und sie für eine friedliches Miteinander zu sensibilisieren. Im Laufe der Workshop-Woche arbeiteten drei deutsch-israelische Arbeitsgruppen an möglichen Entwürfen für Fachsitzungen an Seminaren, die als Grundlage für Querschnittsbereiche in der Ausbildung der angehenden Lehrkräfte dienen sollen.

Es ging also um Unterrichtsentwürfe, die das Thema Rassismus und Antisemitismus didaktisch und methodisch klug und pädagogisch sinnvoll aufarbeiten, um damit auch anderen Kolleginnen und Kollegen in der Lehrkräfte-Ausbildung Empfehlungen an die Hand zu geben. Die Themenkreise sind: teaching values, teaching attitudes, teaching the history of antisemitism and Holocaust.
Deutlich wurde in der Diskussion über mögliche Themen und Formate, dass die Israelis aufgrund ihrer akademischen Verortung mehr zu Essays und wissenschaftlichen Papers tendierten, während das Team aus Baden-Württemberg auf die praktische Umsetzung und konkretes Material für die Sitzungen an den Seminaren Wert legte. Auch die politische Einschätzung der aktuellen Situation war immer wieder Gegenstand intensiver Diskussionen – auch innerhalb des Teams aus Israel. Die Beschäftigung mit dem Holocaust und der Shoah wurde zum Teil als ein weit zurückliegendes Ereignis betrachtet, während der Angriff der Hamas vom 07. Oktober 2023 von einigen als der „aktuelle Holocaust“ bezeichnet wurde.

Es gilt nun, aus den einzelnen Arbeitsergebnissen eine Broschüre bzw. ein Impulspapier zu entwickeln, das in die Ausbildung der Seminare des Landes Baden-Württemberg und in die entsprechenden Ausbildungsstätten in Israel integriert werden kann.
Unser Arbeitsprozess spiegelt im Kleinen, was auch auf der großen, politischen Bühne Thema und Auftrag ist.


Dr. Klaus Teichmann
Dezember 2025

Teacher Trainers‘ Programm

Auftakt von TTP – (fast) ohne Israelis - Verkürzte Workshop-Woche


Im Rahmen unseres Teacher Trainers‘ Programm, das in Kooperation mit dem ZSL durchgeführt und von der Akademie für innovative Bildung und Management (aim) in Heilbronn gefördert wird, war in der letzten Juniwoche die gemeinsame Workshop-Woche geplant, die unsere beiden Dozenten-Teams aus Israel und Baden-Württemberg erstmalig auch face to face zusammenbringen sollte. Ein wichtiges Thema der bisherigen Videobesprechungen war die wechselseitige Information über die jeweilige Ausbildung und pädagogisch-methodischen Konzepte zur Vermittlung der Inhalte zu Holocaust, Antisemitismus, jüdischem Leben und aktuellem Rassismus.

Doch die Politik machte uns einen Strich durch die Rechnung. Der Luftraum über Tel Aviv war gesperrt und niemand durfte ausreisen. Bereits bei den Videokonferenzen war deutlich zu spüren, wie angespannt und schwierig die Situation für unsere israelischen Kolleginnen und Kollegen war. Denn während der Besprechungen ging häufig der Blick der Israelis auf das Smartphone, um zu sehen, ob die Warn-App wieder eine Raketenwarnung meldete.
Wir haben uns trotz des Ausreiseverbots dennoch dafür entschieden, die geplante Woche nicht ausfallen zu lassen, sondern zumindest mit dem deutschen Team zu beginnen. Und die halbe Woche, die wir dann am Seminar in Stuttgart zusammen verbrachten, gab uns Recht: Es war gut und richtig, dass wir uns über unsere Ausbildung, über Israel und die eigene Wahrnehmung der politischen Lage austauschten.

Intensiviert und nochmals deutlich angeregt wurde unser Austausch durch die eindringliche Reiseschilderung von Landrat Joachim Walter aus Tübingen. Landrat Joachim Walter war in Israel, als das Land vom Iran beschossen wurde. Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe hatte er die Partnerregion des Landkreises Tübingen in Israel besucht und während unserer verkürzten Workshop-Woche im Landratsamt Tübingen darüber berichtet, wie aus der Reise ein Besuch in einem Land im Kriegszustand wurde: Ausharren im Bunker bis zur Entwarnung und langwierige Ausreise über Ägypten – Bestechungsgelder inklusive.

Dieser Bericht hat uns die Aktualität deutlich vor Augen geführt und uns darin bestätigt, wie wichtig unser Austausch mit Israel ist. Ein befreundetes Ehepaar von Claudia Rugart, Dafna und Eithan, die nach einem Besuch in der Schweiz in Stuttgart waren und nicht nach Israel zurückfliegen konnten, haben uns in persönlichen Schilderungen ihre Perspektive auf die aktuelle Situation nahegebracht und unsere Fragen beantwortet.
Über die Schilderungen des Tübinger Landrats und die persönliche Betroffenheit von Dafna und Eithan wurde für uns die konkrete Realität der fehlenden Partner aus Israel dadurch doch greifbar und erlebbar gemacht.

Dr. Michael Blume, der Beauftragte gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben des Landes Baden-Württemberg, vermittelte uns in seinem lebhaften und beeindruckenden Vortrag, wie komplex die Thematik des Antisemitismus sich darstellt und wie wichtig die Lehrkräfteausbildung in diesem Zusammenhang ist.
Die ersten Entwürfe unseres deutschen Teams versprechen interessante Inhalte für die geplante Handreichung, die dann im Herbst bei dem hoffentlich stattfindenden Besuch der Israelis gemeinsam fertiggestellt wird. Die abschließende Videobotschaft unseres Teams für das israelische Team vom Dach des Stuttgarter Seminars aus soll unseren israelischen Freunden Mut machen und zeigen, dass die gemeinsame Arbeit fortgeführt wird.

Dr. Klaus Teichmann
Juli 2025